![Wanderbembel in einem Bembel-Laden in Sachsenhausen Wanderbembel in einem Bembel-Laden in Sachsenhausen]()
Als ich anlässlich der Buchmesse in der letzten Woche nachts in der Bembel-Metropole Frankfurt eingetroffen bin, habe ich mich schnurstracks ins „Ebbelwoiviertel“ Sachsenhausen begeben, um ein Ankommens- und Absackergetränk zu mir zu nehmen. Da es schon nach Mitternacht war, hatten allerdings alle Apfelweinlokale von A wie „Affentorschänke“ bis Z wie „Zum Eichkatzerl“ schon geschlossen. Also gönnte ich mir nur noch ein Willkommensbier in einem Irish Pub, in dem aber wenigstens ausdauernd Karaoke gesungen wurde. Am nächsten Morgen eilte ich auf die Buchmesse, auf der es selbstverständlich wie eh und je wesentlich seriöser zuging. Gleichwohl kann man auch auf der Buchmesse karaokeske Momente erleben. Manche Texte und Gespräche wirken dort ebenfalls wie abgelesen, wenn auch in der Regel etwas professioneller. Wie schon in den vergangenen Jahren beherrschten – neben den ganzen Promi-Büchern – Themen wie „das“ Digitale und die „Die Zukunft des Lesens, des Buches, der Buchhändler, der Verlage usw.“ das Geschehen (insbesondere in Halle 4). Allgegenwärtig ist die Bewunderung und Angst im Angesicht abwesender Größen wie etwa Amazon. Volker Oppmann, Gründer von Textunes, der das von Thalia übernommene Unternehmen Ende März 2013 verließ, will mit einer neuen Plattform namens
LOG.OS der Gefahr entgegenwirken, „die Hoheit über das Kulturgut Buch zu verlieren und hinsichtlich der Versorgung mit digitalen (Buch-)Inhalten komplett von internationalen Großkonzernen abhängig zu werden“. Damit die Unabhängigkeit gewahrt bleibt, soll hierzu eine Stiftung gegründet werden, die ihr Kapital in eine ebenfalls noch zu gründende gemeinnützige GmbH stecken soll.
Erneut gab es die „thematisch fokussierten“
Hot Spots und in diesem Jahr schloss ich mich einer der angebotenen Themenführungen an, der „Hot Spot Tour to the Future of Publishing“. Die Tour führte zu diversen kleineren Unternehmen, die mir jedoch eher abseitig vorkamen. Die
Frankfurter Rundschau bietet eine Auswahl an kleinen Startups mit digitalen Innovationen. Es fand auch die 4. StoryDrive-Konferenz statt, deren Motto „Fiction is real“ lautete. Es ging um neue Dimension des Geschichtenerzählens im Zeitalter der Digitalisierung. Ilja Braun beginnt sein Fazit zu dieser Veranstaltung auf der
Carta-Website jedoch im Konjunktiv, was selten ein Zeichen von Zufriedenheit ist: „So interessant es sein könnte, die neuen technischen Möglichkeiten zu nutzen, um Geschichten neu und anders zu erzählen – die Dürftigkeit vieler auf der StoryDrive 2013 beispielhaft präsentierter Stoffe steht in einem bemerkenswerten Missverhältnis zu dem crossmedialen Aufwand, der dafür betrieben wird“.
![Entspannungsübung im brasilianischen Pavillon Entspannungsübung im brasilianischen Pavillon]()
Der Blogger und Autor Sascha Lobo präsentierte als Mitgründer das Portal „Sobooks“, mit dem bereits mehrere größere Verlage kooperieren. Es ist eine Verkaufsplattform, auf der Bücher zu eigenen Websites werden, die man online lesen und mit mehr oder weniger sinnvollen Kommentaren versehen kann. Man kann die Bücher nicht herunterladen, sondern nur im Browser lesen, benötigt also keine besonderen Lesegeräte. Hauptunterschied zu bereits existierenden Plattformen ist, wie Lobo in einem
ZEIT-Interview betonte, dass „die Kommentare genau an der Stelle im Buch [stehen], auf die sie sich beziehen. Und man kann diese Diskussion jederzeit nach außen tragen: Man kann einzelne Seiten verlinken und diese Links überall einbinden“. Auch für Lobo ist es ärgerlich, dass der E-Book-Leser an marktbeherrschende Anbieter wie Amazon gebunden ist, die vorschreiben, wie und wo das E-Book verwendet werden darf. Dass Sobooks mit Amazon konkurrieren können wird, bezweifelt Marcel Weiß in einem ausführlichen
Carta-Artikel.
![Sven Regener stellt „Magical Mystery“ vor Sven Regener stellt „Magical Mystery“ vor]()
Und was ist mit den Inhalten, den Büchern? Die Gewinnerin der Deutschen Buchpreises, Terézia Mora, war mit Ihrem Buch
„Das Ungeheuer“ natürlich allgegenwärtig. Sven Regener stellte seinen neuen Roman
„Magical Mystery oder Die Rückkehr des Karl Schmidt“ sehr souverän und engagiert vor, in dem es um den besten Freund von Frank Lehmann, geht sowie um Techno, Drogen und Depressionen. Das
literaturcafé.de bietet einen kleinen Überblick über die in den Buchmessenbeilagen von ZEIT und Spiegel besprochene neue Literatur aus Deutschland. Die
Deutsche Welle dagegen jagt den echten oder vermeintlichen Trends in der deutschen Literatur nach. Und natürlich findet sich auch auf der Website des Goethe-Instituts ein
Artikel über aktuelle deutsche Bücher.
![Rudi Gutendorf und Jimmy Hartwig Rudi Gutendorf und Jimmy Hartwig]()
Zum Abschluss meines Messebesuchs war ich am Freitagabend schließlich noch auf dem Sportplatz der SG Sossenheim, wo die Autorennationalmannschaften von
Deutschland und
Brasilien gegeneinander antraten. Auf der deutschen Trainerbank saßen die Trainerlegende Rudi Gutendorf, der Nationaltrainer in Australien, Bolivien, Trinidad und Tobago, Volksrepublik China, Fidschi, Tonga, Tansania, Nepal und Ruanda war, und Jimmy Hartwig, der in den 1970er und 1980er Jahren u.a. für den Hamburger Sportverein spielte und dessen hessische Herkunft – er wurde in Offenbach geboren – bei seinem engagierten Coaching an der Seitenlinie gut zu hören war. Auf der brasilianischen Bank saß „Pepe“ Macia, der 1958 und 1962 mit Brasilien Fußballweltmeister wurde. Die brasilianischen Spieler waren vor dem Spiel ganz gerührt, dass einige Zuschauer Autogramme haben wollten. Einer der Spieler ahnte allerdings, dass es gut war, dass sie die Autogramme vor dem Spiel gegeben haben, bevor die Zuschauer sie spielen sahen. Er sollte Recht behalten. Das Spiel war etwas einseitig. Zur Pause führten die Deutschen bereits 5 zu 0, Moritz Rinke war ein Hattrick gelungen. Das Spiel endete schließlich 9 zu 1, Rinke gelangen zwei weitere Treffer. Aber wie sagte einst ein anderer Fußballtrainer namens Dragoslav Stepanović auf Serbohessisch: „Lebbe geht weider“.